Erinnerungen des Brunsbüttelkoogers Dr.Peter Schade: Unterschied zwischen den Versionen

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== Kindheitserinnerungen, mitgeteilt von Dr. Peter Schade ==
== Kindheitserinnerungen, mitgeteilt von Dr. Peter Schade ==
[[Datei:BZ_1961.08_0062.jpg|thumb|250px|Artikel vom 01.08.1961]]


Dr. Peter Schade hat seine Kinder- und Jugendzeit in Brunsbüttelkoog verlebt. Er hat seine einstige Heimat nie vergessen, den Kontakt zu ihr stets bewahrt. Dieser Kontakt wird auch in Mitteilungen über seine Jugenderinnerungen offenbar, denn hier spricht er die älteren Bürger an, die wie er das "Damals" erlebten und die wie er gerne mal Rückschau halten und Gedächtnislücken auffrischen.  
Dr. Peter Schade hat seine Kinder- und Jugendzeit in Brunsbüttelkoog verlebt. Er hat seine einstige Heimat nie vergessen, den Kontakt zu ihr stets bewahrt. Dieser Kontakt wird auch in Mitteilungen über seine Jugenderinnerungen offenbar, denn hier spricht er die älteren Bürger an, die wie er das "Damals" erlebten und die wie er gerne mal Rückschau halten und Gedächtnislücken auffrischen.  
[[Datei:BZ_1961.08_0062.jpg|thumb|250px|Artikel vom 01.08.1961]]


Sehr geehrte Herren Brüder Hinz!
Sehr geehrte Herren Brüder Hinz!
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=== Brunsbüttelkoog vor dem 1. Weltkrieg ===
=== Brunsbüttelkoog vor dem 1. Weltkrieg ===


[[Datei:03-Faehrstrasse.jpg|thumb|250px|Bahnübergang Fährstraße, Foto Paul Ausborm]]
 
[[Datei:Konvoi-alter Südhafen.jpg|thumb|250px|Geleitzug mit Dampfschlepper]]
[[Datei:Konvoi-alter Südhafen.jpg|thumb|250px|Geleitzug mit Dampfschlepper]]
[[Datei:Scholer_-_Betriebshafen.jpg|thumb|250px|Schlepper „Scholer“]]
[[Datei:Scholer_-_Betriebshafen.jpg|thumb|250px|Schlepper „Scholer“]]
[[Datei:03-Faehrstrasse.jpg|thumb|left|250px|Bahnübergang Fährstraße, Foto Paul Ausborm]]
[[Datei:Saturn-E006 (1902).jpg|thumb|left|250px|Gasthaus „Saturn“ (später „Dithmarscher Hof“)]]
[[Datei:Saturn-E006 (1902).jpg|thumb|left|250px|Gasthaus „Saturn“ (später „Dithmarscher Hof“)]]
[[Datei:Hotel Zur Kanalmündung (1894).jpg|thumb|250px|Siehe [[Hotel_zur_Kanalmündung]]]]
[[Datei:Hotel Zur Kanalmündung (1894).jpg|thumb|250px|Siehe [[Hotel_zur_Kanalmündung]]]]
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Ich darf Ihnen vielleicht ganz kurz davon berichten: Ich entsinne mich noch genauestens, welch eine Begebenheit es für den damals noch geruhsamen Ort war, wie vor 5o Jahren diese Dampffähre erstmalig den Betrieb aufnahm. Im Geiste sehe ich noch den auf der Brücke einer Fähre stehenden Schiffsführer Sarach, der immer freundlich lächelnd und grüßend auf seine „Passagiere“ herabblickte, sowie den Maschinisten Suhr, der während der kurzen Liegezeit der Fährschiffe auf den beiden Kanalseiten aus seiner Maschine nach oben kam, um frische Luft zu tanken bzw.um sich mit den ihm bekannten Ortsansässigen ein wenig zu unterhalten.
Ich darf Ihnen vielleicht ganz kurz davon berichten: Ich entsinne mich noch genauestens, welch eine Begebenheit es für den damals noch geruhsamen Ort war, wie vor 5o Jahren diese Dampffähre erstmalig den Betrieb aufnahm. Im Geiste sehe ich noch den auf der Brücke einer Fähre stehenden Schiffsführer Sarach, der immer freundlich lächelnd und grüßend auf seine „Passagiere“ herabblickte, sowie den Maschinisten Suhr, der während der kurzen Liegezeit der Fährschiffe auf den beiden Kanalseiten aus seiner Maschine nach oben kam, um frische Luft zu tanken bzw.um sich mit den ihm bekannten Ortsansässigen ein wenig zu unterhalten.


Bevor man nun, von der Bahnhofstraße kommend, rechts abbiegend, zur Fähre kam, mußte man die seinerzeit ungesicherten '''Bahngeleise''' überqueren. Wie sind mir die Warnzeichen der Lokomotive, von uns Jungens damals boshafterweise als "Kaffeekedel" bezeichnet, noch in Erinnerung geblieben. Auf der Lokomotive waren Herr Gotische, vor ihm um 1900 herum Herr Harder, mit Herrn Schumann und als Rangierer Herr "Corl" Schlie, der mit seiner an einer schwarzen Kordel hängenden Pfeife das Signal gab und hierbei ausrief: "Schopp no de Teegelee!" wenn der eine oder andere Güterwagen nach der '''Ziegelei''' abgestoßen werden sollte.
Bevor man nun, von der Bahnhofstraße kommend, rechts abbiegend, zur Fähre kam, mußte man die seinerzeit ungesicherten '''Bahngeleise''' überqueren. Wie sind mir die Warnzeichen der Lokomotive, von uns Jungens damals boshafterweise als "Kaffeekedel" bezeichnet, noch in Erinnerung geblieben. Auf der Lokomotive waren Herr Gotische, vor ihm um 1900 herum Herr Harder, mit Herrn Schumann und als Rangierer Herr "Corl" Schlie, der mit seiner an einer schwarzen Kordel hängenden Pfeife das Signal gab und hierbei ausrief: "Schopp no de Teegelee!" wenn der eine oder andere Güterwagen nach der Ziegelei abgestoßen werden sollte.


Siehe auch [[Festge]]
Siehe auch [[Festge]]


<br/>Ihr auf der gleichen Seite aufgenommenes Panorama vom '''Binnenhafen''' (siehe oben) erweckte gleichfalls früheste Jugenderinnerungen. Im Geiste ging ich an der Kaimauer spazieren. An dieser Kaimauer lagen früher täglich eine große Anzahl von kleinen Küstenfahrzeugen, meistens sogenannte Ewer, die morgens um 5 Uhr in '''Geleitzügen''' von 8 bis 10 Fahrzeugen (gewöhnlich zwei nebeneinander) zusammengestellt wurden, um von einem Schleppdampfer nach Kiel-Holtenau gebracht zu werden. Mir sind die Namen der meisten '''Schleppdampfer''' noch in Erinnerung geblieben: Carlsruhe, Dresden, München, Stuttgart und die größeren Schlepper Baentsch, Fülscher, Scholer, Piraly - letztere nach Persönlich¬keiten aus der Zeit des Kanalbaues bekannt. Auch die Namen der Schiffsführer werden sicher noch vielen älteren Anwohnern in Erinnerung sein: Laroche, Passenheim, Sarach, Paul, Voigt, um nur einige zu nennen. Mit Herrn Voigt durfte ich auch als Kind einmal mit seinem Schlepper „Fülscher“ eine Fahrt nach Holtenau und zurück machen. Die vorgenannten Herren Schiffsführer hatten früher 12 Jahre und länger bei der Marine gedient und der eine oder andere von ihnen trug bei feierlichen Anlässen noch die ihnen verliehene Uniform. So erschienen z.B. alljährlich bei des Kaisers Geburtstagsfeier des Marinevereins „Prinz Adalbert von Preußen“ am 27. Januar im ''' „Gasthof Saturn“ ''', Herr Passenheim und Herr Hafenmeister Tomaschewsky in der Uniform eines Marine-Decksoffiziers.
<br/>Ihr auf der gleichen Seite aufgenommenes Panorama vom '''Binnenhafen''' (siehe oben) erweckte gleichfalls früheste Jugenderinnerungen. Im Geiste ging ich an der Kaimauer spazieren. An dieser Kaimauer lagen früher täglich eine große Anzahl von kleinen Küstenfahrzeugen, meistens sogenannte Ewer, die morgens um 5 Uhr in '''Geleitzügen''' von 8 bis 10 Fahrzeugen (gewöhnlich zwei nebeneinander) zusammengestellt wurden, um von einem Schleppdampfer nach Kiel-Holtenau gebracht zu werden. Mir sind die Namen der meisten '''Schleppdampfer''' noch in Erinnerung geblieben: Carlsruhe, Dresden, München, Stuttgart und die größeren Schlepper Baentsch, Fülscher, '''Scholer''', Piraly - letztere nach Persönlichkeiten aus der Zeit des Kanalbaues bekannt. Auch die Namen der Schiffsführer werden sicher noch vielen älteren Anwohnern in Erinnerung sein: Laroche, Passenheim, Sarach, Paul, Voigt, um nur einige zu nennen. Mit Herrn Voigt durfte ich auch als Kind einmal mit seinem Schlepper „Fülscher“ eine Fahrt nach Holtenau und zurück machen. Die vorgenannten Herren Schiffsführer hatten früher 12 Jahre und länger bei der Marine gedient und der eine oder andere von ihnen trug bei feierlichen Anlässen noch die ihnen verliehene Uniform. So erschienen z.B. alljährlich bei des Kaisers Geburtstagsfeier des Marinevereins „Prinz Adalbert von Preußen“ am 27. Januar im ''' „Gasthof Saturn“ ''', Herr Passenheim und Herr Hafenmeister Tomaschewsky in der Uniform eines Marine-Decksoffiziers.


Anmerkung: Der Gasthof „Saturn“ (benannt nach der Portland-Cementfabrik „Saturn) in der Annastraße hieß später „Dithmarscher Hof“ und beherbergte von 1951 bis 1970 das 3. Kino Brunsbüttelkoogs.
''Anmerkung: Der Gasthof „Saturn“ (benannt nach der Portland-Cementfabrik "Saturn") in der Annastraße hieß später „Dithmarscher Hof“ und beherbergte von 1951 bis 1970 das 3. Kino Brunsbüttelkoogs.
<br/>Siehe auch [[Die_Kali-Chemie_in_Brunsbüttel#Cementfabrik_.22Saturn.22]]
<br/>Siehe auch [[Die_Kali-Chemie_in_Brunsbüttel#Cementfabrik_.22Saturn.22]]''


Häufig standen die Herren nachmittags zusammen an der Kaimauer und erzählten von ihren Erlebnissen auf den alten '''Marineschulschiffen''' in den 70er und 80er Jahren von fremden Ländern, von Taifunen und auch von Schiffbrüchen. Einer von ihnen hatte auch den Untergang der „Iltis“ im Juni 1896 bei dem Schantung- Vorgebirge in Ostasien mitgemacht. Er erzählte uns Kindern von der heroischen Haltung des Kommandanten, des Kapitänleutnant von Braun, der mit vielen Besatzungsmitgliedern den Seemannstod fand.
Häufig standen die Herren nachmittags zusammen an der Kaimauer und erzählten von ihren Erlebnissen auf den alten '''Marineschulschiffen''' in den 70er und 80er Jahren von fremden Ländern, von Taifunen und auch von Schiffbrüchen. Einer von ihnen hatte auch den Untergang der „Iltis“ im Juni 1896 bei dem Schantung- Vorgebirge in Ostasien mitgemacht. Er erzählte uns Kindern von der heroischen Haltung des Kommandanten, des Kapitänleutnant von Braun, der mit vielen Besatzungsmitgliedern den Seemannstod fand.
An der Kaimauer legten auch stets die Kriegsschiffe an, die in fernen Meeren und Ländern „Auf Station“ gewesen waren und bevor sie durch den Kanal nach ihrem Heimathafen Kiel fuhren, einige Tage in Brunsbüttelkoog „Rein Schiff“ machten, um vor dem inspizierenden Admiral in Kiel bestehen zu können. In Erinnerung geblieben sind mir noch u.a. das Schulschiff „Falke“ welches mehrere Jahre vornehmlich in Südamerika stationiert war, und dort mit den Kriegsschiffen anderer Nationen, im Jahre 1902 zur Geltendmachung deutscher Ansprüche vor Venezuela kreuzte, sowie in weißem Tropenanstrich der Große Kreuzer ''' „Fürst Bismarck“ ''', der von Ostasien kommend, mit dem langen, wehenden Heimatwimpel, ich glaube es war im Jahre 1908, an der Kaimauer festmachte.
An der Kaimauer legten auch stets die Kriegsschiffe an, die in fernen Meeren und Ländern „Auf Station“ gewesen waren und bevor sie durch den Kanal nach ihrem Heimathafen Kiel fuhren, einige Tage in Brunsbüttelkoog „Rein Schiff“ machten, um vor dem inspizierenden Admiral in Kiel bestehen zu können. In Erinnerung geblieben sind mir noch u.a. das Schulschiff „Falke“, welches mehrere Jahre vornehmlich in Südamerika stationiert war und dort mit den Kriegsschiffen anderer Nationen, im Jahre 1902 zur Geltendmachung deutscher Ansprüche vor Venezuela kreuzte, sowie in weißem Tropenanstrich der Große Kreuzer ''' „Fürst Bismarck“ ''', der von Ostasien kommend, mit dem langen, wehenden Heimatwimpel, ich glaube es war im Jahre 1908, an der Kaimauer festmachte.


Damals schon interessierter Briefmarkensammler, benutzte ich immer die Gelegenheit, mit den heimkehrenden Besatzungsmitgliedern Kontakt zu bekommen. Auf dem Schulschiff  Falke war es der Zahlmeister der mir viele Marken von Chile und Venezuela schenkte, und auf der „Fürst Bismarck“ waren es zwei Decksoffiziere. Die letztgenannten, bettelte (man kann es ruhig so nennen) ich, auf der Kaimauer stehend, um Briefmarken an. Einer der beiden rief herunter: „Wenn du die Worte übersetzen kannst, die vorn am Bug des Schiffes geschrieben stehen, dann darfst du an Bord kommen und erhälst Briefmarken.“  
Damals schon interessierter Briefmarkensammler, benutzte ich immer die Gelegenheit, mit den heimkehrenden Besatzungsmitgliedern Kontakt zu bekommen. Auf dem Schulschiff  Falke war es der Zahlmeister der mir viele Marken von Chile und Venezuela schenkte, und auf der „Fürst Bismarck“ waren es zwei Decksoffiziere. Die letztgenannten, bettelte (man kann es ruhig so nennen) ich, auf der Kaimauer stehend, um Briefmarken an. Einer der beiden rief herunter: „Wenn du die Worte übersetzen kannst, die vorn am Bug des Schiffes geschrieben stehen, dann darfst du an Bord kommen und erhälst Briefmarken.“  
Es war einer der bekanntesten Aussprüche des Altreichskanzlers, der am Bug des Schiffes angebracht war. „In trinitate robur“ (In der Dreiheit die Stärke). „Gut mein Junge du kannst heraufkommen!“ Und ich erhielt eine große Anzahl Marken von China, Japan und von dem damaligen Schutzgebiet '''Kiautschou'''. Der große Kreuzer Fürst Bismarck war nämlich jahrelang in Ostasien gewesen und diente während der Boxerunruhen 1900 bis 1901 dem damaligen Befehlshaber der Flotte, Vizeadmiral Bendemann, als Flaggschiff. Einen bleibenden Eindruck habe ich als Kind auch erhalten, als ich eines Tages den Großadmiral von Köster (geb. 1845) von Bord dem Minenschiffes „Deutschland“ das Fallreep heruntergehen sah. Man kann ihn als Schöpfer der alten deutschen Marine bezeichnen. Im Geiste sehe ich noch seinen straffen Gang und immer wieder mit der rechten Hand abwinkend, zu den auf den Kaianlagen liegenden Besatz¬ungsmitgliedern sagend:" Sitzen bleiben!" Den größten Eindruck machte allerdings auf mich als 10-jähriger Junge die Vielzahl seiner goldenen Ärmelstreifen, die bis zum Ellenbogen hinaufgingen. Ich verließ nie die Kaimauer, ohne noch einmal in das eine Anzahl Hallen umfassende '''„Magazin“ ''', dessen Verwalter Herr Oehme war, hineingesehen zu haben. Herrn Oehme, ein etwas untersetzter rundlicher Herr, machte es immer Vergnügen, uns Kindern auf unsere vielen Fragen über die, unter seiner Kontrolle, dort lagernden Ausrüstungsgegenstände für die Schiffe zu antworten. Herr Oehme wurde, wenn ich mich noch richtig erinnere, als einer der ersten auf dem neuen Friedhof in Brunsbüttelkoog zur letzten Ruhe gebettet.
Es war einer der bekanntesten Aussprüche des Altreichskanzlers, der am Bug des Schiffes angebracht war. „In trinitate robur“ (In der Dreiheit die Stärke). „Gut mein Junge du kannst heraufkommen!“ Und ich erhielt eine große Anzahl Marken von China, Japan und von dem damaligen Schutzgebiet '''Kiautschou'''. Der große Kreuzer Fürst Bismarck war nämlich jahrelang in Ostasien gewesen und diente während der Boxerunruhen 1900 bis 1901 dem damaligen Befehlshaber der Flotte, Vizeadmiral Bendemann, als Flaggschiff. Einen bleibenden Eindruck habe ich als Kind auch erhalten, als ich eines Tages den Großadmiral von Köster (geb. 1845) von Bord dem Minenschiffes „Deutschland“ das Fallreep heruntergehen sah. Man kann ihn als Schöpfer der alten deutschen Marine bezeichnen. Im Geiste sehe ich noch seinen straffen Gang und immer wieder mit der rechten Hand abwinkend, zu den auf den Kaianlagen liegenden Besatz¬ungsmitgliedern sagend:" Sitzen bleiben!" Den größten Eindruck machte allerdings auf mich als 10-jähriger Junge die Vielzahl seiner goldenen Ärmelstreifen, die bis zum Ellenbogen hinaufgingen. Ich verließ nie die Kaimauer, ohne noch einmal in das eine Anzahl Hallen umfassende '''„Magazin“ ''', dessen Verwalter Herr Oehme war, hineingesehen zu haben. Herrn Oehme, ein etwas untersetzter rundlicher Herr, machte es immer Vergnügen, uns Kindern auf unsere vielen Fragen über die, unter seiner Kontrolle, dort lagernden Ausrüstungsgegenstände für die Schiffe zu antworten. Herr Oehme wurde, wenn ich mich noch richtig erinnere, als einer der ersten auf dem neuen Friedhof in Brunsbüttelkoog zur letzten Ruhe gebettet.
'''Magazin''' siehe [[Ankunft_der_Internierten_in_Brunsbüttelkoog#Der_Marine-Kohlenschuppen]]


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Auch die Kaiserliche Yacht '''„Hohenzollern“ ''', viele Jahre geführt von Konteradmiral Graf von Platen zu Hallermund, war manchmal Gast im Binnenhafen, umgeben von dem schnittigen und schnellen Depeschenboot „Sleipner“ und dem Torpedoboot „Tiger“.
Auch die Kaiserliche Yacht '''„Hohenzollern“ ''', viele Jahre geführt von Konteradmiral Graf von Platen zu Hallermund, war manchmal Gast im Binnenhafen, umgeben von dem schnittigen und schnellen Depeschenboot „Sleipner“ und dem Torpedoboot „Tiger“.
Besonders hatten uns Kindern die Schleusenanlagen angetan. Stundenlang konnten wir dem Ein- und Ausschleusen der Schiffe aller Größen zusehen. Wer entsinnt sich überdies noch unter den betagten Einwohnern, daß bei der Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals am 20. Juni 1895, auf der Schleuse ein Sonderpostamt eingerichtet war?
Besonders hatten uns Kindern die Schleusenanlagen angetan. Stundenlang konnten wir dem Ein- und Ausschleusen der Schiffe aller Größen zusehen. Wer entsinnt sich überdies noch unter den betagten Einwohnern, daß bei der Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals am 20. Juni 1895, auf der Schleuse ein Sonderpostamt eingerichtet war?
<br/>Es führte die Bezeichnung „Brunsbütteler Schleuse“ und hatte den '''Sonderstempel''', wie rechts abgebildet.
<br/>Es führte die Bezeichnung „Brunsbütteler Schleuse“ und hatte den '''Sonderstempel''', wie weiter oben abgebildet.


Apropos Schleusenanlagen, auf denen man manche Persönlichkeiten traf, die unter der Einwohnerschaft allgemeines Ansehen genossen. Ich nenne z.B. den Hafenkapitän '''Schliebner''', der vorher Korvettenkapitän bei der Kaiserlichen Marine war und der als junger Fähnrich den Untergang des Schulschiffes „Großer Kurfürst“ im Jahre 1879 vor Folkeston an der englischen Küste miterlebt hatte, den Oberlotsen Ratzky, den Baurat '''Gilbert''', den Schleusenmeister Thiessen, den Oberzollinspek¬tor Inselmann, den Tauchermeister Schleising, der früher an der spanischen Mittelmeerküste bei Algericas erfolgreich tätig gewesen war, u.a.m.
Apropos Schleusenanlagen, auf denen man manche Persönlichkeiten traf, die unter der Einwohnerschaft allgemeines Ansehen genossen. Ich nenne z.B. den Hafenkapitän '''Schliebner''', der vorher Korvettenkapitän bei der Kaiserlichen Marine war und der als junger Fähnrich den Untergang des Schulschiffes „Großer Kurfürst“ im Jahre 1879 vor Folkeston an der englischen Küste miterlebt hatte, den Oberlotsen Ratzky, den Baurat '''Gilbert''', den Schleusenmeister Thiessen, den Oberzollinspek¬tor Inselmann, den Tauchermeister Schleising, der früher an der spanischen Mittelmeerküste bei Algericas erfolgreich tätig gewesen war, u.a.m.


Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch noch der Gattin des Herrn Schliebner gedenken, die jahrelang Vorsitzende des '''“Vaterländischen Frauenvereins“ ''' war. Sie war eine feinfühlige und überaus gütige Frau, die immer bereit war, bedürftigen Einwohnern, insbesondere verschämten Armen zu helfen. Ihr Wahlspruch war: „Geben ist seliger denn nehmen." Auf ihre Anregung fand alljährlich einige Wochen vor Weihnachten ein Basar im ‚‘‘„Hotel zur Kanalmündung“‘‘‘ statt. In den Haushalten wurde zu dieser Veranstaltung fleißig gehandarbeitet und die Geschäftsleute spendeten Waren für die Tombola, deren Lose per Stück mit 0,20 Mark verkauft wurden. Der Überschuß wurde dann zum Einkauf von Gegenständen für bedürftige Personen zum Weihnachtsfest verwendet. In bleibender Erinnerung habe ich die Weihnachtsveranstaltung an einem der ersten Tage im Dezember 1904 behalten. Als lebendes Bild wurde das Kindermärchen „Hänsel und Gretel“ aufgeführt. Gretel wurde von der damals 12jährigen Elfriede Ploog, Tochter des Bauunternehmers Arnold Ploog, die Hexe von der Tochter des Baurats Gilbert und Hänsel von mir gespielt.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch noch der Gattin des Herrn Schliebner gedenken, die jahrelang Vorsitzende des '''“Vaterländischen Frauenvereins“ ''' war. Sie war eine feinfühlige und überaus gütige Frau, die immer bereit war, bedürftigen Einwohnern, insbesondere verschämten Armen zu helfen. Ihr Wahlspruch war: „Geben ist seliger denn nehmen." Auf ihre Anregung fand alljährlich einige Wochen vor Weihnachten ein Basar im '''„Hotel zur Kanalmündung“''' statt. In den Haushalten wurde zu dieser Veranstaltung fleißig gehandarbeitet und die Geschäftsleute spendeten Waren für die Tombola, deren Lose per Stück mit 0,20 Mark verkauft wurden. Der Überschuß wurde dann zum Einkauf von Gegenständen für bedürftige Personen zum Weihnachtsfest verwendet. In bleibender Erinnerung habe ich die Weihnachtsveranstaltung an einem der ersten Tage im Dezember 1904 behalten. Als lebendes Bild wurde das Kindermärchen „Hänsel und Gretel“ aufgeführt. Gretel wurde von der damals 12jährigen Elfriede Ploog, Tochter des Bauunternehmers Arnold Ploog, die Hexe von der Tochter des Baurats Gilbert und Hänsel von mir gespielt.


Die Weihnachtsveranstaltung dieses Jahres brachte, wie ich später von meiner Mutter erfahren habe, einen sehr hohen Überschuß. In diesen Tagen lag nämlich ein großer Dampfer im Binnenhafen. Ich glaube, der Name des Schiffes war „Fiume“. Das Schiff war mit Kriegsmaterial für den fernen Osten (russisch-japanischer Krieg) beladen und von Brunsbüttelkoog, als letztem Heimathafen, trat das Schiff dann seine lange Reise an. Die Heuer saß sehr locker und die Ausgaben der Mannschaft kamen weitgehend der Tombola bzw. dem Basar zugute.
Die Weihnachtsveranstaltung dieses Jahres brachte, wie ich später von meiner Mutter erfahren habe, einen sehr hohen Überschuß. In diesen Tagen lag nämlich ein großer Dampfer im Binnenhafen. Ich glaube, der Name des Schiffes war „Fiume“. Das Schiff war mit Kriegsmaterial für den fernen Osten (russisch-japanischer Krieg) beladen und von Brunsbüttelkoog, als letztem Heimathafen, trat das Schiff dann seine lange Reise an. Die Heuer saß sehr locker und die Ausgaben der Mannschaft kamen weitgehend der Tombola bzw. dem Basar zugute.


Ende des Berichtes
''Ende des Berichtes''


== Verwandte Themen ==
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Aktuelle Version vom 17. Mai 2025, 12:40 Uhr

Diese und die anderen Seiten erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Jeder Leser, der Werbung, Fotos, Bilder oder Informationen dazu beitragen kann, sei hiermit herzlich gebeten, mir diese zukommen zu lassen.
Uwe Möller, Tel. 04852 2189, mail: Gabuwe@t-online.de

An dieser Stelle herzlichen Dank
an das Stadtarchiv Brunsbüttel für Zeitungsartikel, Fotos etc,
an Uwe Borchers, Dieter Ausborm, Dieter Sejak, Holger Koppelmann, das WSA-NOK und Wikipedia für Daten, Unterlagen, Postkarten, Fotos, Zeitungsartikel und sonstige Unterstützung.
an die Initiative Brunsbüttel-Süd (https://www.brunsbuettel-sued.de/die-ibs/), die mit viel Aufwand sämtliche Fotos des Fotografen Paul Ausborm gescannt hat,


Binnenhafen um 1900

Kindheitserinnerungen, mitgeteilt von Dr. Peter Schade

Artikel vom 01.08.1961

Dr. Peter Schade hat seine Kinder- und Jugendzeit in Brunsbüttelkoog verlebt. Er hat seine einstige Heimat nie vergessen, den Kontakt zu ihr stets bewahrt. Dieser Kontakt wird auch in Mitteilungen über seine Jugenderinnerungen offenbar, denn hier spricht er die älteren Bürger an, die wie er das "Damals" erlebten und die wie er gerne mal Rückschau halten und Gedächtnislücken auffrischen.

Sehr geehrte Herren Brüder Hinz!
Sie haben mir mit der Übersendung eines Exemplares Ihrer Zeitung vom l. August 1961, enthalten den illustrierten Artikel „50 Jahre Brunsbüttelkooger Dampffähre“, eine große Freude bereitet. Ich möchte nicht verfehlen, Ihnen für die Zusendung meinen herzlichen Dank zu sagen. Durch die Pressenotiz wurde ich an die Jahre meiner Kindheit vor dem ersten Weltkrieg erinnert.

Zeitungsfotos in besserer Qualität

Brunsbüttelkoog vor dem 1. Weltkrieg

Geleitzug mit Dampfschlepper
Schlepper „Scholer“
Bahnübergang Fährstraße, Foto Paul Ausborm
Gasthaus „Saturn“ (später „Dithmarscher Hof“)
Marine-Kohlenlager 1912

Ich darf Ihnen vielleicht ganz kurz davon berichten: Ich entsinne mich noch genauestens, welch eine Begebenheit es für den damals noch geruhsamen Ort war, wie vor 5o Jahren diese Dampffähre erstmalig den Betrieb aufnahm. Im Geiste sehe ich noch den auf der Brücke einer Fähre stehenden Schiffsführer Sarach, der immer freundlich lächelnd und grüßend auf seine „Passagiere“ herabblickte, sowie den Maschinisten Suhr, der während der kurzen Liegezeit der Fährschiffe auf den beiden Kanalseiten aus seiner Maschine nach oben kam, um frische Luft zu tanken bzw.um sich mit den ihm bekannten Ortsansässigen ein wenig zu unterhalten.

Bevor man nun, von der Bahnhofstraße kommend, rechts abbiegend, zur Fähre kam, mußte man die seinerzeit ungesicherten Bahngeleise überqueren. Wie sind mir die Warnzeichen der Lokomotive, von uns Jungens damals boshafterweise als "Kaffeekedel" bezeichnet, noch in Erinnerung geblieben. Auf der Lokomotive waren Herr Gotische, vor ihm um 1900 herum Herr Harder, mit Herrn Schumann und als Rangierer Herr "Corl" Schlie, der mit seiner an einer schwarzen Kordel hängenden Pfeife das Signal gab und hierbei ausrief: "Schopp no de Teegelee!" wenn der eine oder andere Güterwagen nach der Ziegelei abgestoßen werden sollte.

Siehe auch Festge


Ihr auf der gleichen Seite aufgenommenes Panorama vom Binnenhafen (siehe oben) erweckte gleichfalls früheste Jugenderinnerungen. Im Geiste ging ich an der Kaimauer spazieren. An dieser Kaimauer lagen früher täglich eine große Anzahl von kleinen Küstenfahrzeugen, meistens sogenannte Ewer, die morgens um 5 Uhr in Geleitzügen von 8 bis 10 Fahrzeugen (gewöhnlich zwei nebeneinander) zusammengestellt wurden, um von einem Schleppdampfer nach Kiel-Holtenau gebracht zu werden. Mir sind die Namen der meisten Schleppdampfer noch in Erinnerung geblieben: Carlsruhe, Dresden, München, Stuttgart und die größeren Schlepper Baentsch, Fülscher, Scholer, Piraly - letztere nach Persönlichkeiten aus der Zeit des Kanalbaues bekannt. Auch die Namen der Schiffsführer werden sicher noch vielen älteren Anwohnern in Erinnerung sein: Laroche, Passenheim, Sarach, Paul, Voigt, um nur einige zu nennen. Mit Herrn Voigt durfte ich auch als Kind einmal mit seinem Schlepper „Fülscher“ eine Fahrt nach Holtenau und zurück machen. Die vorgenannten Herren Schiffsführer hatten früher 12 Jahre und länger bei der Marine gedient und der eine oder andere von ihnen trug bei feierlichen Anlässen noch die ihnen verliehene Uniform. So erschienen z.B. alljährlich bei des Kaisers Geburtstagsfeier des Marinevereins „Prinz Adalbert von Preußen“ am 27. Januar im „Gasthof Saturn“ , Herr Passenheim und Herr Hafenmeister Tomaschewsky in der Uniform eines Marine-Decksoffiziers.

Anmerkung: Der Gasthof „Saturn“ (benannt nach der Portland-Cementfabrik "Saturn") in der Annastraße hieß später „Dithmarscher Hof“ und beherbergte von 1951 bis 1970 das 3. Kino Brunsbüttelkoogs.
Siehe auch Die_Kali-Chemie_in_Brunsbüttel#Cementfabrik_.22Saturn.22

Häufig standen die Herren nachmittags zusammen an der Kaimauer und erzählten von ihren Erlebnissen auf den alten Marineschulschiffen in den 70er und 80er Jahren von fremden Ländern, von Taifunen und auch von Schiffbrüchen. Einer von ihnen hatte auch den Untergang der „Iltis“ im Juni 1896 bei dem Schantung- Vorgebirge in Ostasien mitgemacht. Er erzählte uns Kindern von der heroischen Haltung des Kommandanten, des Kapitänleutnant von Braun, der mit vielen Besatzungsmitgliedern den Seemannstod fand. An der Kaimauer legten auch stets die Kriegsschiffe an, die in fernen Meeren und Ländern „Auf Station“ gewesen waren und bevor sie durch den Kanal nach ihrem Heimathafen Kiel fuhren, einige Tage in Brunsbüttelkoog „Rein Schiff“ machten, um vor dem inspizierenden Admiral in Kiel bestehen zu können. In Erinnerung geblieben sind mir noch u.a. das Schulschiff „Falke“, welches mehrere Jahre vornehmlich in Südamerika stationiert war und dort mit den Kriegsschiffen anderer Nationen, im Jahre 1902 zur Geltendmachung deutscher Ansprüche vor Venezuela kreuzte, sowie in weißem Tropenanstrich der Große Kreuzer „Fürst Bismarck“ , der von Ostasien kommend, mit dem langen, wehenden Heimatwimpel, ich glaube es war im Jahre 1908, an der Kaimauer festmachte.

Damals schon interessierter Briefmarkensammler, benutzte ich immer die Gelegenheit, mit den heimkehrenden Besatzungsmitgliedern Kontakt zu bekommen. Auf dem Schulschiff Falke war es der Zahlmeister der mir viele Marken von Chile und Venezuela schenkte, und auf der „Fürst Bismarck“ waren es zwei Decksoffiziere. Die letztgenannten, bettelte (man kann es ruhig so nennen) ich, auf der Kaimauer stehend, um Briefmarken an. Einer der beiden rief herunter: „Wenn du die Worte übersetzen kannst, die vorn am Bug des Schiffes geschrieben stehen, dann darfst du an Bord kommen und erhälst Briefmarken.“ Es war einer der bekanntesten Aussprüche des Altreichskanzlers, der am Bug des Schiffes angebracht war. „In trinitate robur“ (In der Dreiheit die Stärke). „Gut mein Junge du kannst heraufkommen!“ Und ich erhielt eine große Anzahl Marken von China, Japan und von dem damaligen Schutzgebiet Kiautschou. Der große Kreuzer Fürst Bismarck war nämlich jahrelang in Ostasien gewesen und diente während der Boxerunruhen 1900 bis 1901 dem damaligen Befehlshaber der Flotte, Vizeadmiral Bendemann, als Flaggschiff. Einen bleibenden Eindruck habe ich als Kind auch erhalten, als ich eines Tages den Großadmiral von Köster (geb. 1845) von Bord dem Minenschiffes „Deutschland“ das Fallreep heruntergehen sah. Man kann ihn als Schöpfer der alten deutschen Marine bezeichnen. Im Geiste sehe ich noch seinen straffen Gang und immer wieder mit der rechten Hand abwinkend, zu den auf den Kaianlagen liegenden Besatz¬ungsmitgliedern sagend:" Sitzen bleiben!" Den größten Eindruck machte allerdings auf mich als 10-jähriger Junge die Vielzahl seiner goldenen Ärmelstreifen, die bis zum Ellenbogen hinaufgingen. Ich verließ nie die Kaimauer, ohne noch einmal in das eine Anzahl Hallen umfassende „Magazin“ , dessen Verwalter Herr Oehme war, hineingesehen zu haben. Herrn Oehme, ein etwas untersetzter rundlicher Herr, machte es immer Vergnügen, uns Kindern auf unsere vielen Fragen über die, unter seiner Kontrolle, dort lagernden Ausrüstungsgegenstände für die Schiffe zu antworten. Herr Oehme wurde, wenn ich mich noch richtig erinnere, als einer der ersten auf dem neuen Friedhof in Brunsbüttelkoog zur letzten Ruhe gebettet.

Magazin siehe Ankunft_der_Internierten_in_Brunsbüttelkoog#Der_Marine-Kohlenschuppen

Baurat „Gilbert“
Hafenkapitän Schliebner

Auch die Kaiserliche Yacht „Hohenzollern“ , viele Jahre geführt von Konteradmiral Graf von Platen zu Hallermund, war manchmal Gast im Binnenhafen, umgeben von dem schnittigen und schnellen Depeschenboot „Sleipner“ und dem Torpedoboot „Tiger“. Besonders hatten uns Kindern die Schleusenanlagen angetan. Stundenlang konnten wir dem Ein- und Ausschleusen der Schiffe aller Größen zusehen. Wer entsinnt sich überdies noch unter den betagten Einwohnern, daß bei der Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals am 20. Juni 1895, auf der Schleuse ein Sonderpostamt eingerichtet war?
Es führte die Bezeichnung „Brunsbütteler Schleuse“ und hatte den Sonderstempel, wie weiter oben abgebildet.

Apropos Schleusenanlagen, auf denen man manche Persönlichkeiten traf, die unter der Einwohnerschaft allgemeines Ansehen genossen. Ich nenne z.B. den Hafenkapitän Schliebner, der vorher Korvettenkapitän bei der Kaiserlichen Marine war und der als junger Fähnrich den Untergang des Schulschiffes „Großer Kurfürst“ im Jahre 1879 vor Folkeston an der englischen Küste miterlebt hatte, den Oberlotsen Ratzky, den Baurat Gilbert, den Schleusenmeister Thiessen, den Oberzollinspek¬tor Inselmann, den Tauchermeister Schleising, der früher an der spanischen Mittelmeerküste bei Algericas erfolgreich tätig gewesen war, u.a.m.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch noch der Gattin des Herrn Schliebner gedenken, die jahrelang Vorsitzende des “Vaterländischen Frauenvereins“ war. Sie war eine feinfühlige und überaus gütige Frau, die immer bereit war, bedürftigen Einwohnern, insbesondere verschämten Armen zu helfen. Ihr Wahlspruch war: „Geben ist seliger denn nehmen." Auf ihre Anregung fand alljährlich einige Wochen vor Weihnachten ein Basar im „Hotel zur Kanalmündung“ statt. In den Haushalten wurde zu dieser Veranstaltung fleißig gehandarbeitet und die Geschäftsleute spendeten Waren für die Tombola, deren Lose per Stück mit 0,20 Mark verkauft wurden. Der Überschuß wurde dann zum Einkauf von Gegenständen für bedürftige Personen zum Weihnachtsfest verwendet. In bleibender Erinnerung habe ich die Weihnachtsveranstaltung an einem der ersten Tage im Dezember 1904 behalten. Als lebendes Bild wurde das Kindermärchen „Hänsel und Gretel“ aufgeführt. Gretel wurde von der damals 12jährigen Elfriede Ploog, Tochter des Bauunternehmers Arnold Ploog, die Hexe von der Tochter des Baurats Gilbert und Hänsel von mir gespielt.

Die Weihnachtsveranstaltung dieses Jahres brachte, wie ich später von meiner Mutter erfahren habe, einen sehr hohen Überschuß. In diesen Tagen lag nämlich ein großer Dampfer im Binnenhafen. Ich glaube, der Name des Schiffes war „Fiume“. Das Schiff war mit Kriegsmaterial für den fernen Osten (russisch-japanischer Krieg) beladen und von Brunsbüttelkoog, als letztem Heimathafen, trat das Schiff dann seine lange Reise an. Die Heuer saß sehr locker und die Ausgaben der Mannschaft kamen weitgehend der Tombola bzw. dem Basar zugute.

Ende des Berichtes

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