Vollschiff Kaiser sinkt vor Mole 4

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Jeder Leser, der Fotos, Bilder oder Informationen dazu beitragen kann, sei hiermit herzlich gebeten, mir diese zum Kopieren zukommen zu lassen.
Uwe Möller, Tel. 04852 2189, mail: Gabuwe@t-online.de

Ich bedanke mich bei Ute Hansen vom Stadtarchiv Brunsbüttel für Einblicke in alte Zeitungen, beim Brunsbütteler Marinemaler Holger Koppelmann für Foto, Zeitungsartikel und Kopien der Lotsenberichte und bei dem ehemaligen Lotsen Horst Segler für die fachliche Beratung.

Textquelle: Karl Ernst Kaminski und John Jacobsen

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Im Juni 1925 erregte ein Schiffsunfall auf der Elbe vor der Einfahrt zum Brunsbüttelkooger Alten Hafen großes Aufsehen. Menschen kamen bei dem Untergang des Schiffes zwar nicht zu Schaden, aber ein Traum versank in den Fluten der Elbe. Aber der Reihe nach:

Otto F. Söhl, zu der Zeit einer der bekanntesten Männer Brunsbüttelkoogs, hatte einen phantastischen Plan. Otto F., wie er allgemein genannt wurde, war Schiffsausrüster, Eigentümer des Hotel zur Kanalmündung, ab 1924 Pächter der Strandhalle Brunsbüttel-Ort und Kommunalpolitiker (siehe auch Läden im Koog-Koogstraße 92-95, Die Bürgermeister Brunsbüttels). Er wollte für die Gemeinde Brunsbüttelkoog (Stadt wurde der Ort erst 1948) ein schwimmendes Restaurant. Das sollte eine Attraktion werden, die selbst der Großhafen Hamburg nicht vorweisen konnte. Säle für Tagungen und Vereinsfeste, ein Restaurant und einige Kabinen für Übernachtungen sollten eingerichtet, Bordfeste veranstaltet werden. Ein Konsortium (Konsul Diener, Ernst Blohm und Otto F. an der Spitze) hatte den Plan ausgearbeitet.
Was jetzt fehlte, war der schwimmende Untergrund - und der wurde in Bremerhaven gefunden. Dort lag das 1877 gebaute Vollschiff „Kaiser“ der Reederei Wätjen und Co. Der Tiefwassersegler sollte nun im Alten Hafen von Brunsbüttelkoog eine Oldtimer-Gaststätte und ein Blickfang werden.

Brunsbüttelkooger Zeitung vom 15.06.1925

Die Überführung des stolzen „Kap Horniers“ nach Brunsbüttelkoog konnte erfolgen. Ein Schleppdampfer nahm „Kaiser", an dessen Ruder ein Brunsbüttelkooger (Richard Lindner) stand, auf den Haken. Auf der Weser verlief die Fahrt ohne jede Störung. Doch je näher der Schleppzug der offenen See kam, umso häufiger tauchte „Kaiser" ein und nahm Wasser auf. Was nicht beachtet worden war oder vielleicht im Vertrauen auf eine ruhige Überfahrt in Kauf genommen wurde, das Holzschiff lag lange Zeit trocken und die über Wasser liegenden Schiffsnähte hatte man nicht neu kalfatern lassen.

Brunsbüttelkooger Zeitung vom 23.06.1925

So strömte bei jedem neuen Rollen oder Stampfen der „Kaiser" immer mehr Wasser durch die zum großen Teil fast offenen Fugen ins Schiff. In der Nordsee und Elbmündung stand eine kabbelige See und „Kaiser" nahm immer mehr an Tiefgang zu.

Lenzen mit der Handpumpe blieb nahezu erfolglos, der Wassereinbruch war zu groß. Kurz vor Brunsbüttel hatte das Schiff etwa einen Meter mehr Tiefgang. Einlaufen in den Alten Hafen war selbst bei dem zu der Zeit hohen Wasserstand unmöglich. Es gelang dem Schlepperkapitän das Schiff vor dem Hafen auf Grund zu setzen. Doch nur das Vorschiff lief fest auf, das Achterschiff sackte in die stark abfallende Tiefe der Mündung zur Elbe ab.
Die Hoffnung, das Schiff bei Ebbe abzudichten und zu lenzen, versank in der Elbe und damit der Traum von einem schwimmenden Restaurant. Die „Kaiser" mußte gesprengt werden. Vorher wurde alles, was zu bergen war, von Bord geholt. Teak- und Eichenholz war als Souvenir stark gefragt und wurde zu kleinen kunstvollen Gegenständen verarbeitet. Die Gallionsfigur, die Kaiser Wilhelm I, den Namensgeber des Schiffes, darstellte und lange Zeit im Garten Richard Lindners war, blieb später unauffindbar.

Brunsbüttelkooger Zeitung vom 27.06.1925

Bericht des Lotsen vom Schlepper „Seemöwe“
Am 22. Juni d. Js. kurz vor 9 Uhr PM wurde ich in der Elbmündung vom Lotsendampfer aus nach dem Schlepper „Seemöwe“ versetzt. „Seemöwe“ schleppte Segler „Kaiser“ zwecks Abwrackung von Wesermünde nach Brunsbüttel. Wind war NW-lich abflauend.
Kurz nachdem ich an Bord war, wurde der nächste Lotse im Törn, Herr Nilshon, nach dem Segler „Kaiser“ versetzt. Beim Anbordkommen berichtete der Führer der „Seemöwe“, Herr Reemts, mir, daß der „Kaiser“ leck sei und 7' (Fuß) Wasser im Raum habe, bei Abgang des Schiffes 12' (Fuß) Tiefgang hatte und daß die Besatzung das Schiff durch Pumpen ungefähr so halten könne.
Ich erklärte Herrn Reemts, es sei ungehörig, mit solch einem Schleppzug des Nachts die Elbe einzusteuern und lehnte ihm gegenüber – falls er nicht draußen bleiben wollte – jegliche Verantwortung ab, zumal er glaubte, die Trosse nicht kürzen zu können. Hierauf erwiderte Herr Reemts mir : „Lotse, ich habe auch Schlepper „Seefalke“ als Pumpschiff angefordert, es ist nichts im Wege“.

Brunsbüttelkooger Zeitung vom 11.07.1925

Als wir Elbtonne A passierten, war „Seefalke“ elbabwärts kommend in unserer Nähe. Jetzt erklärte Herr Reemts mir : „Nun habe ich auch nichts mehr zu sagen, das Kommando hat jetzt der „Seefalke“.
Wir steuerten südlich im Fahrwasser die Elbe ein. Oberhalb Elbe Feuerschiff II legte „Seefalke“ längsseit des „Kaiser“. Wir setzten gleich auf „Kaiser“ 2 rote Lampen und passierten ca. 11.30 Uhr PM Cuxhaven. Bei Tonne 16 fragten wir an : „Können wir durch das Norder-Fahrwasser, wie tief geht „Kaiser“ ?“ Erhielten als Antwort : „Durch Nordfahrwasser, 13' (Fuß) Tiefgang.“ Nachdem ich diese Order vom „Kaiser“ erhalten, hatte ich keine Bedenken mehr, die Reise fortzusetzen, da ja das Wasser im Schiff konstant geblieben war.

Gegen 1 Uhr AM, den 23. Juni in der Nähe der Gastonne A vor Brunsbüttel wurde die Schlepptrosse losgeworfen und an Bord der „Seemöwe“ eingehievt. Während dieser Zeit wurde „Kaiser“ von den Schleppern „Seefalke“ und „Capella“, welcher „Seemöwe“ ablöste, vor dem Brunsbütteler Hafen an Grund gesetzt.
Schlepper „Seemöwe“ erhielt nun Order, weiter Schleppdienste zu leisten. Es wurde nun versucht, durch Schlepper und Pumpen den „Kaiser“ weiter in die Brunsbütteler Hafeneinfahrt zu bringen, was, da nun auch Hochwasser, erfolglos war.

                                                  Gez. L. Voss, Lotse

Cuxhavener Lotsenschaft e.V. Cuxhaven, den 30. Juli 1925
Cuxhaven


Der folgende Text ist nach einer unvollständigen Originalkopie geschrieben. Mit Hilfe des ehemaligen Brunsbütteler Lotsen Horst Segler habe ich versucht, ihn sinngemäß zu vervollständigen.

Bericht des Lotsen vom Vollschiff „Kaiser“
Am 22. Juni d. Js. abends ca. 9.15 Uhr etwas oberhalb Elbe 1 wurde ich versetzt auf das Vollschiff „Kaiser“ im Tau des Schuchmannschleppers „Seemöwe“ und war auf der Reise von Geestemünde nach Brunsbüttelhafen bestimmt zum Abwracken. Tiefgang ca. 12' (Fuß), Wind nördlich 3 – 4. Hohe Dünung und Flut. Beim Anbordkommen wurde mir von dem Führer gesagt, daß das Schiff ca. 2m Wasser im Raum hätte. Der Steinballast war schon im Hafen von Geestemünde während der Liegezeit mit Wasser bedeckt, sei aber konstant gewesen, da das Schiff still gelegen. Auf der Herreise in der hohen nördlichen Dünung habe es aber zugenommen.
Ich äußerte ausdrücklich mein Bedenken gegenüber dem Führer mit einem lecken Schiff im Revier zu fahren, worauf mir von dem Führer gesagt wurde : „Wenn wir einen Pumpendampfer haben, können wir das Schiff leicht lenz halten, weil wir jetzt in ruhiges Wasser kommen, denn wir haben das Schiff mit der Handpumpe beinahe halten können.“

Brunsbüttelkooger Zeitung vom 11.08.1925

Von dem Schlepper wurde uns gesagt, daß ein Pumpendampfer bestellt wäre von Cuxhaven, der auch schon bei Elbe 2 in Sicht war. Nachdem der „Seefalke“ längsseite kam, wurde eine Motorpumpe an Bord des „Kaiser“ geholt, um damit das Schiff zu lenzen. Die Pumpe wollte aber, trotz eifriger Versuche des Maschinisten, diese in Gang zu bringen, nicht funktionieren. Während der Zeit wurde eifrig mit der Handpumpe gepumpt.
Nachdem ich längere Zeit beobachtet hatte, das die Pumpe nicht wollte, erklärte ich dem Schuchmann-Inspektor gegenüber, welcher die Arbeit leitete : „Wenn die Pumpe nicht in Gang zu bringen ist, müssen wir das Schiff an Grund setzen, um zu lenzen. Darauf wurde mir erwidert : „Die Pumpe ist gleich so weit, denn wir werden es schon schaffen, die hat doch immer gut funktioniert und das Wasser nimmt ja auch nur wenig zu.
Bei Elbe II hat der „Seefalke“ längsseits mit festgemacht um zu schleppen und dann beschlossen wir, nicht wie es zuerst unsere Absicht war, das Schiff im Cuxhavener Hafen an Grund zu setzen, weil die Schlepper ca. 8 Knoten Fahrt mit dem Schiff machten und es volle Flut war und wir schnell vorwärts kamen, das Schiff möglichst noch mit Hochwasser in den Brunsbütteler Hafen hineinzubringen. Wie mir der Führer sagte, hatten sie kurz vor ihrer Abreise von Brunsbüttel das Fahrwasser ausgeprickt und dabei in der Einfahrt 6m gelotet. Auch einen ortskundigen Mann hätte er an Bord, so daß wir sofort mit Hochwasser 2.30 Uhr AM hineinkönnten.

11.45 Uhr passierten wir Cuxhaven, das Wasser hielt sich ziemlich konstant, so daß wir keine Bedenken hatten und die Reise fortsetzten. Schleppten im nördlichen Fahrwasser der Ostebank elbaufwärts. Letzte Peilung der Pumpe oberhalb der Oste um ca. 1 Uhr AM ergab ca. ... Wasser im Raum. Wir schätzten den Tiefgang des Schiffes auf ca. 18' (Fuß). Oberhalb der Tonne A der Brunsbütteler Reede warfen wir die „Seemöwe“ los und Schlepper „Capella“ schleppte vorne, „Seefalke“ blieb längsseits und liefen in die Einfahrt hinein. Das Schiff scherte pötzlich etwas aus, berührte den Grund und blieb sitzen. Inzwischen war auch die Motorpumpe in Betrieb genommen. Schlepper „Seemöwe“ kam nun auch längsseits, um mit 2 Schläuchen zu pumpen. Trotz intensiven Pumpens sank das Schiff allmählich unter und legte sich nach steuerbord über.
Ich bitte, vorstehenden Bericht an den Herrn Marinedirektor weiterzuleiten.

                                              Gez. A. Nilshon
                                                   Lotse

Zeitungsartikel über die "Kaiser"

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