Flettner Rotorschiff in Brunsbüttelkoog-1925

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Jeder Leser, der Fotos, Bilder oder Informationen dazu beitragen kann, sei hiermit herzlich gebeten, mir diese zum Kopieren zukommen zu lassen.
Uwe Möller, Tel. 04852 2189, mail: Gabuwe@t-online.de

Ich bedanke mich bei Ute Hansen vom Stadtarchiv Brunsbüttel für Artikel aus alten Zeitungen und beim Brunsbütteler Marinemaler Holger Koppelmann für Fotos und Daten.

Buckau 10.02.1925

Textquellen: Brunsbüttelkooger Zeitungen 1925, „Schiffahrt international 1984“ und Daten von Holger Koppelmann

Am 10. Februar 1925 sorgte ein Artikel im Lokalbereich der Brunsbüttelkooger Zeitung für Aufregung:
Das Flettner-Rotorschiff „Buckau“ kommt nach Brunsbüttelkoog.
Genau genommen legte das Schiff nach der Passage durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal am 13. Februar 1925 in Ostermoor an, um zu bunkern.
Am nächsten Tag setzte ein enormer Besucherandrang ein, die teils mit dem Auto (zu der Zeit noch nicht alltäglich), mit dem Motorrad, mit dem Fahrrad oder zu Fuß ankamen, um das technische Weltwunder zu bestaunen. Für 1 Mark konnte man das Schiff besichtigen.
Sogar ein plattdeutsches Gedicht eines Einheimischen lud zu einem Besuch des Schiffes ein, das in Ostermoor lag.


Gedicht: De „Buckau“ in Brunsbüttelkoog“

Anton Flettner-1885-1961.jpg
Die "Buckau"

Minsch, kumm mit lang no Ostermoor,
Dat Flettner-Rotor-Schipp is door!
Wat jichens kann, is op de Been
Un will dat grote Wunner sehn.
Wer gorni kann, de sitt to Huus
Un bringt de „Buckau“ still een Gruß.


Dor liggt dat Schipp all an de Brüch,
Un wat een Minschheit steiht un süht
Un wiest un deiht un jackereert,
Wosück, wodenni dat wull föhrt.
Een seggt: „De makt sik sülm den Wind!“
Een andern weet: „Mien lewe Fründ,
De bei`n „Rotors“ fangt em blots op!
De hebbt de Schruuw weer an de Stropp,
Un wenn he neuß sik dreihn deit,
Denn fangt dat Schipp eerst an un geiht.“
De drütt seggt: „Mann, hol doch dien Oog,
Dat Flettner-Schipp föhrt von den Soog!
Kiek, wenn de Dinger suugen doht,
Treckt se denn Rump mit dör de Floot!“

So staht de Minschen an de Kant
Un snackt sick schier ut Rand un Band.
Un so as hier, is öwerall,
De ganze Welt besnackt den Fall,
Allns dreiht den Kopp un pliert mit Oog,
Dor kümmt al weer een Wunner hoch.

Uns awers ward dat Hart so groot:
Von´t Heck dor weiht dat swatt-witt-rot!
Een Wunner ünner dütsche Fahn
Treckt still üm de Welt sien Bahn!

Aus der Brunsbüttelkooger Zeitung vom 14.02.1925, Verfasser unbekannt

Am 15. Februar 1925 morgens 7 Uhr verließ die „Buckau“ ihren Liegeplatz, nachdem es Proviant aufgenommen hatte und wurde gegen 8 Uhr durchgeschleust um ihren Weg zum Firth of Forth aufzunehmen. In allen Häfen, die das Rotorschiff anlief, war das Interesse der Bevölkerung sehr groß.

Die Technik

Magnuseffekt-1.jpg
Magnuseffekt.jpg

Das Gedicht deutet schon auf die Frage hin: Wie funktioniert das eigentlich?
Eines vorweg: „der Antrieb erfordert einen Antrieb“.
Das Prinzip kann man vielleicht am einfachsten mit der„Bananenflanke“ im Fußball erklären. Der Ball erhält vom Spieler einen bestimmten Effet (Rotation) und beschreibt dadurch, obwohl von der Spielfeldseite geschossen, eine Kurve in Richtung Tor.
Diesen sogenannten Magnuseffekt nutzte der Erfinder Anton Flettner für seinen Rotorantrieb. Die Rotoren werden mit relativ geringer Energie in Rotation versetzt und sorgen durch den entstehenden Sog an den Rotoren für einen Schub des Schiffes 90° zur Windrichtung (siehe Zeichnungen rechts).
(Weitere technische Informationen können über einschlägige Internetseiten eingesehen werden, wie z.B. Flettner-Rotorschiff, Anton Flettner, Magnuseffekt usw).

Die Buckau

497 BRT
Länge: 47,48m
Breite: 9,03m
Tiefgang: 3,80m
Die 2 rotierenden Zylinder ragten 15,60m hoch
Durchmesser der Rotoren: 2,80m
Rotoren: Eisenblech von 1 bis 1,5mm mit innenliegenden Versteifungen
Drehzahl der Rotoren: 100 bis 120 U/min (sollte noch gesteigert werden)

Buckau-Motorsegler.jpg

Die „Buckau“, ursprünglich ein Motorsegler (Dreimastschoner mit einer Segelfläche von 883 Qudratmetern), wurde im Jahre 1924 umgebaut zum Rotorschiff. Der ursprüngliche Antrieb, ein Sechszylinder-MAN-Viertaktmotor mit einer Leistung von 160 PS, blieb erhalten.
Die Projektion beider Rotoren ergab eine Fläche von 87,4 Quadratmetern, also ca. ein Zehntel der ursprünglichen Segelfläche, mit der man, je nach Drehrichtung der Rotoren, sogar „rückwärts segeln“ konnte. Der Antrieb der Rotoren erfolgte durch je einen 220V-Gleichstrom-Nebenschlußmotor mit einer Leistung von 11 kW, die durch einen Gleichstrom-Generator in Leonardschaltung gespeist wurden. Für den Antrieb des Generators sorgte ein Zweizylinder-Dieselmotor mit 45 PS Leistung. Mit Hilfe dieser technischen Anordnung konnten die Rotoren der Windgeschwindigkeit feinfühlig angepaßt werden.
Die durch die Rotoren erzeugte Kraft war bedeutend größer als bei gut getrimmten Segeln, war jedoch abhängig von der Windrichtung und der Rotordrehzahl.

Artikel aus der Brunsbüttelkooger Zeitung 1925/1926

Die Erfindung Anton Flettners (geboren 1885 in Hattersheim am Main, gestorben 1961 in New York) war zu der Zeit für die von Krieg und Inflation schwer angeschlagene Nation ein Triumph deutschen Geistes.

Später wurde die „Buckau“ für Luxusfahrten mit einer Teilnehmerzahl von bis zu 350 Personen umgerüstet und von Kieler Unternehmen gepachtet. Sie lief dann unter dem Namen „Baden-Baden“ .

Fotos von der Buckau

Die Barbara

Ein zweites Schiff des gleichen Antriebstyps lief am 28.04.1926 vom Stapel und begann im Juli ihre Erprobung - das Rotorschiff „Barbara“. Sie war größer und mit 3 Rotoren ausgestattet.
Auch sie besuchte einst Brunsbüttelkoog, wie Fotos beweisen.

Daten der Barbara

2077 BRT
Länge: 93m
Breite: 13,20m
Tiefgang: 5,40m
Drei rotierende Zylinder ragten 16,70m hoch
Gewicht eines Zylinders 1,4t
Max. Drehzahl eines Rotors 140 U/min
1933 von der Bugsier-Reederei umgebaut und umgetauft in „Birkenau“
1947 von Ove Skou gekauft und umgetauft in „Else Skou“
1963 von Greek Libyan Lines (Piräus) gekauft und in „Fotis P.“ umgetauft
1966 von Orri Navigation Lines gekauft und in „Star of Riyadh“ umgetauft

Fotos von der Barbara

Da auch die Dieselmotortechnik sich parallel dazu immer schneller entwickelte, kam es dazu, daß man die Technik der Rotorschiffe alsbald als unergiebig ansah.

Erst Mitte der 1980er Jahre besann man sich, auch aufgrund steigender Ölpreise, wieder des Antriebs als Zusatz zum Hauptantrieb, um Energie einzusparen

Die „E-Ship 1" und andere

Auch ein drittes Rotorschiff besuchte Brunsbüttel, allerding erst im Jahre 2011 – die „E-Ship 1“ . Es handelt sich um ein Frachtschiff, das neben dem Dieselantrieb 4 Flettner-Rotoren besitzt. Sie wurde 2006 von der Firma Enercon bei der Kieler Lindenau-Werft in Auftrag gegeben und im August 2011 in Dienst genommen.
Nach Angaben des Betreibers beträgt die Kraftstoffersparnis bis zu 25%.


Das letzte Foto hat der Hobby-Fotograf Tony M. Zech Anfang des Jahres 2020 im Kanal bei Brunsbüttel "geschossen".

Zum "Nachlesen" ist die Seite auf youtube zu empfehlen:

https://www.youtube.com/watch?v=dcrXdvgvhi0

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