Alte Zentrale und Schleusenkraftwerke

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Die Alte Zentrale

Lageplan der Zentral-Maschinenstation

In den Jahren 1894-95 wurde auf der Südseite im Brunsbüttel-Eddelaker-Koog (1907 in Brunsbüttelkoog umbenannt) für den Betrieb der Schleusen eine Zentralmaschinenstation gebaut. Es war das Pendant zu dem gleichartigen Bauwerk für die Schleuse in Holtenau. Der hiesige Bau wurde von Firma Joh. Kruse, Fährstraße 37, während des Winters errichtet. Das weiter unten stehende Foto zeigt die entsprechende Einrüstung.
(Bauunternehmen Kruse Brunsbüttelkoog)


(Quelle: „Der Bau des Kaiser-Wilhelm-Kanals“ von Fülscher und Schultz)
Diese „Centralmaschinenanlage“ bestand aus vier Gebäuden:

  1. Kesselhaus
  2. Halle für Preßpump- und Luftsaug- (Evacuations-) Maschinen
  3. Accumulatorenthurm
  4. Gebäude in dem die Elektricität erzeugt wird.

Ein kleines Werkstattgebäude –nicht mit den anderen verbunden – wurde für kleinere, vor Ort mögliche, Reparaturarbeiten errichtet.


Im Kesselhaus befanden sich fünf Kessel von je 70m² Heizfläche, von denen selbst bei Vollastbetrieb nur vier aktiv waren. Der Raum war so ausgelegt, daß – falls in den Binnenhäfen und an den Ufermauern noch druckwasserbetriebene Kräne erforderlich wurden –zusätzlich zwei Kessel der gleichen Bauweise aufgestellt werden konnten. Die gesamte Anlage mit Schornstein war größenmäßig dafür eingerichtet.
Bis dahin wurde dieser ungenutzte Raum als Warmbad „den beim Canalbetriebe beschäftigten Beamten und Arbeitern“ zur Verfügung gestellt.
Zur Speisung der Kessel dienten zwei kleine Dampfpumpen, die - jede für sich und unabhängig voneinander – in der Lage waren, das nötige Speisewasser für sechs in Vollast betriebene Kessel zu fördern. Der Wasservorrat für den Kesselbetrieb befand sich oberhalb der Druckwasser-Akkumulatoren im „Accumulatorenthurm“. Es handelte sich um zwei Wasserbehälter mit je 40 m³ nutzbarem Fassungsvermögen.
Das benötigte saubere Wasser wurde von einer neu errichteten Pumpenanlage in Kudensee aus in den Vorratstank im Akkumulatorenhaus gepumpt.

Das Kesselhaus war durch einen Verbindungsbau mit der Halle, in der das Druckwasser erzeugt wurde, verbunden. In dieser Halle waren drei Preßpumpmaschinen und zwei Luftsaugmaschinen aufgestellt, wobei der Raum so groß ausgelegt war, daß noch eine vierte Preßpumpmaschine und eine dritte Luftsaugmaschine aufgestellt werden konnte.

Die Preßpumpen erzeugten den nötigen Wasserdruck für den Betrieb der Schleusentore und erhielten das zu pressende Wasser aus dem gleichen Behälter, wie der Kesselbetrieb. Jede Preßpumpmaschine bestand aus einer liegenden Zwillingsdampfmaschine und vier einfach wirkenden Preßpumpen, die bei 35 Umdrehungen/min 10 Liter Druckwasser/sec in den Akkumulator pumpten.
Dieser bestand aus zwei Behältern mit einem nutzbaren Druckwasser-Fassungsvermögen von je 565 Litern. Das reichte aus, um die vier Ebbe- oder Fluttorflügel am Außen- oder Binnenhaupt einer Schleuse zu betätigen.
Ein Akkubehälter hatte eine zylindrische Form mit kreisförmigem Abschluß und sein Innenraum war mit Steinen und Kies aufgefüllt, um so den nötigen Druck aufrecht erhalten zu können. Das Gewicht der Belastungskästen war – mit dem Gewicht des Kolbens zusammen – so groß bemessen, das die Preßpumpen zum Auffüllen des stärksten Akkumulators 56 Atmosphären Druck aufbringen mußten, um ihn zu befüllen. Durch entsprechende Sicherheitsmaßnahmen wurde gewährleistet, daß die Akkumulatoren nicht überlastet werden konnten. Der Ablauf des Befüllens und Abschaltens der Preßpumpmaschinen wurde durch entsprechende Hebel und Ventile automatisiert.
Die Luftsaug- (Evacuations-) Maschinen hatten den Zweck, den Abdampf der Preßpumpmaschinen zu kondensieren.

Da die Anlage groß genug konzipiert war, konnte man den überschüssigen Dampf zur Erzeugung der elektrischen Energie für die Beleuchtung des Kanals, der Schleuse und der Fähranlagen nutzen und baute somit noch ein Gebäude für die elektrischen Maschinenanlagen direkt daneben (das 4. Gebäude). Hier erzeugten 2 durch Dampfkolbenmaschinen angetriebene Wechselstrommaschinen den benötigten Strom. Die fünf Kessel, die je einen max. Dampfdruck von 6,5 Atmosphären erzeugten, betrieben somit auch die Dampfmaschinen für die Generatoren der benötigten Elektroenergie.

Die Generatoren erzeugten eine Wechselspannung von 2000 Volt, die für den Betrieb der Beleuchtung auf 28V herunter- und für Die Streckenbefeuerung des Nord-Ostsee-Kanals auf 7500 V hochtransformiert wurde (bereits 1885 wurde ein Patent für einen Transformator erteilt). Dieser und die Schaltvorrichtungen sahen - der Zeit entsprechend - auch sehr robust aus, da man noch keine Kunststoffe zur Verfügung hatte.

Aus der Kanal-Zeitung

Originaltext 1895

(Folgender Text ist zum großen Teil original übernommen aus „Der Nord-Ostsee-Kanal und die Beleuchtung desselben", Juni 1895)
An den beiden Schleusen zu Holtenau und Brunsbüttel waren Centralmaschinenanlagen errichtet worden, welche die Druckwasserbetriebe für die Bewegung der Schleusenthore und der Windeköpfe enthielten; hierzu eine große Dampfkesselanlage, welche geeignet war, auch für den elektrischen Betrieb Verwendung zu finden. Demgemäß wurden neben den Central-maschinen-Anlagen die Gebäude für die elektrischen Maschinen-Anlagen errichtet.
Jede Anlage enthält zwei langsamlaufende Dampfdynamomaschinen. Sie laufen nur mit 85 Umdrehungen in der Minute und leistet jede bis zu 200 effect. Pferdestärken. Die Dampfmaschinen sind liegende Tandem-Maschinen mit Ventilsteuerung von der Maschinenfabrik Augsburg. Dieselben haben 400 und 620 mm Cylinderdurchmesser und 1000 mm Hub. In Holtenau ist Oberflächencondensation vorgesehen, indessen können die Maschinen auch an die Central - Condensationsanlage der Druckwasseranlage angeschlossen werden oder mit directem Auspuff arbeiten. Zwischen den beiden Lagern der Dampfmaschine ist je eine Wechselstrommaschine auf die Achse montirt, und zwar ist das Magnetfeld mit dem Schwungrad vereinigt, während der Inductorkranz auf den Verbindungsbalken der beiden Lagern ruht. Der Kranz des Schwungrades ist ausgedreht; in der Aussparung sind ringsum die aus 1/2 mm starken Blechen hergestellten 72 Magnete befestigt. Es ist Sorge getragen, daß der magnetische Schluß ein vollkommener ist. Die erregende Wickelung wird durch schwere Schuhe gehalten. Der Durchmesser des Magnetrades ist 4,752 m; die Geschwindigkeit, mit welcher die Kraftlinien geschnitten werden, beträgt demnach 20,1 m in der Secunde und zwar bei 6120 Polwechsel in der Minute. — Der Inductorkranz ist nicht nur in der Ebene der Achse geteilt, so daß das Oberteil abgehoben werden kann, sondern der ganze Kranz kann auch vermittelst einer Gleitbahn so weit zur Seite geschoben werden, daß das Magnetfeld und die Inductorspulen vollkommen frei werden. Außerdem sind die Inductorspulen so angeordnet, daß sie mit dem Ankerkern nach Lösung von vier Schrauben nach der Seite herausgezogen werden können.
Die Spannung des Wechselstroms an den Maschinenklemmen beträgt 2000 Volts. Stromcurve und Abmessungen der magnetischen und elektrischen Verhältnisse sind so gewählt, daß einerseits ein wirtschaftlicher Bogenlichtbetrieb mit 28 Volts Klemmspannung an den Lampen gesichert, andererseits ein möglichst geringer Einfluß der durch den Fernbetrieb bedingten Phasenverschiebung vorhanden ist.
Als Erreger ist auf das freie Achsenende vor dem Außenlager eine 4polige Nebenschlußmaschine mit Scheibenanker montirt. Die Erregerspannung beträgt 120—150 Volts. Das Feld der Erreger wird selbstthätig durch einen Tesla-Motor ohne Commutator und Schleifring regulirt. Der Motor schaltet bei einer höheren Spannung als der im Maschinenhaus transformirten Spannung von 72 Volts Widerstand in das Magnetfeld der Erregermaschine ein, bei niedrigerer Spannung schaltet er Widerstand aus. Da diese Regulirung mit höchstens 1 Ampere Stromstärke auf den sehr stark gewählten Contacten erfolgt, so entspricht dieselbe den höchsten Anforderungen an die Betriebssicherheit.
Die Dampfdynamos geben unter normaler Belastung bei einem Dampfdruck von 6 Atmosphären vor den Ventilen 100 Kilowatt mit 1250 kg Dampfverbrauch nutzbar in die Leitung ab; d. h. 1 Kilowatt mit 12,5 kg Dampf pro Stunde. Eine Dampfdynamo genügt sowohl in Holtenau als in Brunsbüttel für den Vollbetrieb, so daß der zweite Maschinensatz eine vollkommene Reserve bildet.
In Brunsbüttel ist für die Beleuchtung der Schleusenkammern während des Tages noch eine kleine Dampfdynamo von 9—12 Pferdestärken aufgestellt. Dieselbe macht 150 Touren und kann auch als Reserve für die Erregung der Wechselstrommaschine gebraucht werden. Die Dampfmaschine hat 150mm Cylinderdurchmesser, 350mm Hub und wird durch Riderschieber gesteuert; dieselbe ist ebenfalls von der Maschinenfabrik Augsburg geliefert. Auf der Achse derselben sitzt der Scheibenanker einer Gleichstrom-Nebenschlußmaschine. Das Magnetfeld ist 4polig.
Da die Schleusenthore in Brunsbüttel den größten Teil des Tages bewegt werden müssen, so war die Beschaffung dieser kleineren Maschine erforderlich, weil es nicht wirtschaftlich wäre, wegen der wenig umfänglichen Beleuchtung der Maschinenkammern in den Schleusenmauern die großen Maschinen laufen zu lassen. In Holtenau werden die Schleusenthore im Jahre an nur 25 Tagen ungefähr bewegt; es ist deshalb hier vorläufig von der Bestellung der kleinen Tagesmaschine Abstand genommen.

Umbau und Abriß

Im Laufe der Zeit ersetzte Elektrizität das Wasser als Energieträger für die Schleusentorbewegung. Außerdem wurde 1913-14 das bereits wieder abgerissene Kraftwerksgebäude auf der Schleuseninsel erbaut und übernahm die Versorgung aller Verbraucher der Alten- und der Neuen Schleuse.
Somit waren die Gebäude der Maschinenstation praktisch nutzlos geworden. Das Kesselhaus wurde dann 1956 (auf Betreiben des damaligen Bürgermeisters Henry Schwardt-Die Bürgermeister Brunsbüttels) umfunktioniert in eine Turnhalle und das Gebäude auf den Fotos von 1954 vorne rechts wurde Wohngebäude.
Bis November 1971 nutzten tagsüber mehrere Schulen und abends der VFB-Brunsbüttel die Turnhalle, bis dann das Kesselhaus und der angrenzende Wasserturm der Abrißbirne zum Opfer fiel. Das Wohngebäude steht heute noch und wird als Bürogebäude vom Wasser-und Schiffahrtsamt genutzt.



Die Straße, die an der „Central-Maschinenstation“ vorbei auch zum Hafenamt (WSA-Amtsgebäude) führte, wurde später „Alte Zentrale“ genannt.

Das Schleusenbaukraftwerk

Für den Bau der Neuen Schleuse, die dazugehörigen Grundwasserabsenkungspumpen, den Seilbahnbetrieb uvm. wurde ein neues, leistungsfähigeres Kraftwerk benötigt, da das alte Centralmaschinenamt nicht in der Lage gewesen wäre, die nötige Energie zu erzeugen.


Im Jahre 1909 wurde das sogenannte Schleusenbaukraftwerk in Brunsbüttelkoog (und auch in Holtenau) gebaut. Das Druckwasser für den Torantrieb, bisher durch Hochdruckkolbenpumpen mit Dampfdruck wird im Schleusenbaukraftwerk mit Hilfe von elektrisch angetriebenen Hochdruckpumpen erzeugt.
Über offene Dampfturbinen werden drei 687 kVA/525V-Drehstromgeneratoren angetrieben, welche die Elektrizität für die o.g. Maschinen und Beleuchtungsanlagen liefern. Weitere Generatoren erzeugen 500V-Gleichstrom für den Torantrieb der neuen Schleusentore und die Hochdruckpumpen für den Torbetrieb der alten Schleusen. Die Betriebsspannung von 7500V für die Streckenbefeuerung wird durch Hochtransformation der Wechselspannung erzeugt. Die Maschinen wurden alle von den Bergmann Elektrizitätswerken A.G. Berlin hergestellt.
Das Schleusenbaukraftwerk wurde, nach Abschluß der Arbeiten an den neuen Schleusen, im Dezember 1914 wieder abgerissen.


Das neue Schleusenkraftwerk


Pläne und Fotos


Im Jahre 1913 wurde das jetzige Kraftwerk auf der Schleuseninsel direkt neben dem Schleusenbaukraftwerk gebaut. In ihm befindet sich die Elektroenergieversorgung des gesamten Schleusenbereichs.
Eine Zeitlang wurde die benötigte Elektroenergie noch vor Ort erzeugt, heute liefert das zuständige Energieversorgungsunternehmen (EVU) die Versorgungsspannung; im Kraftwerksgebäude selbst wird die Energie verteilt und für den Fall eines Spannungsausfalls Notstrom bereitgestellt.
2006 wurde der Wasserspeicher (Accumulathorenturm) neben dem Kraftwerksgebäude im Zusammenhang mit dem Pegelturm heruntergebaut. Er war, wie der bei der alten Zentralmaschinenstation zuständig für den damaligen Betrieb der Schleusentore der alten Schleuse.

Der Abriß

„Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ew´ger Bund zu flechten …“
Am 27.01.2015 war es soweit, das schöne, alte Kraftwerksgebäude mußte der 5. Kammer weichen. Mit geballter „Bagger-Kraft“ ging man ans Werk.

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